Lungenwasser bzw. Pleuraerguss – Ursachen, Diagnostik und Behandlung verständlich erklärt

Pleuraerguss bezeichnet eine Flüssigkeitsansammlung im Pleuraspalt, also dem schmalen Raum zwischen Lunge (Lungenfell) und Brustwand (Rippenfell). Diese Flüssigkeitsansammlung kann verschiedene Ursachen haben und führt oft zu Symptomen wie Atemnot, Husten und Brustschmerzen. Insbesondere beim malignen Pleuraerguss, der im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung entsteht, ist eine gezielte Diagnostik und Therapie wichtig. Im Folgenden werden die häufigsten Ursachen, moderne Diagnosemethoden und aktuelle Behandlungsansätze für Pleuraergüsse – mit Schwerpunkt auf malignen Pleuraergüssen – verständlich zusammengefasst.

lungenwasser Pleuraerguss 1

Medizinisch geprüft von:

Dr. Hamidreza Mahoozi, FEBTS, FCCP

Erstveröffentlichung:

August 1, 2025

Aktualisiert:

August 25, 2025

Ursachen und Häufigkeit von Pleuraergüssen

Ein Pleuraerguss kann durch gutartige oder bösartige Prozesse hervorgerufen werden. Häufige Ursachen sind u. a. Herzschwäche (Herzinsuffizienz), Lungenentzündungen, Lungenembolien oder Leberzirrhose – diese führen meist zu transudativen Ergüssen (Flüssigkeit durch Druck- oder Eiweißveränderungen). Exsudative Ergüsse entstehen durch Entzündungen oder Tumoren. Maligne Pleuraergüsse treten besonders bei fortgeschrittenen Krebserkrankungen auf, am häufigsten bei Lungenkrebs, Brustkrebs oder Tumoren der Pleura (Brustfell). Schätzungsweise bis zu 150.000 maligne Pleuraergüsse pro Jahr werden allein in den USA diagnostiziert. Insgesamt entwickelt etwa jeder sechste Krebspatient im Verlauf seiner Erkrankung einen Pleuraerguss, was die hohe Relevanz dieses Symptoms unterstreicht. Maligne Ergüsse sind ein Zeichen für eine fortgeschrittene Tumorerkrankung und gehen mit einer eingeschränkten Prognose einher.

Symptome und Diagnostik

Leitsymptom eines Pleuraergusses ist Atemnot – die Lunge kann sich durch die Flüssigkeit nicht mehr frei entfalten. Viele Betroffene bemerken zudem trockenen Reizhusten und ein Druck- oder Schmerzgefühl im Brustkorb. Die Symptome können bei malignen Ergüssen in kurzer Zeit zunehmen, da sich oft rasch erneut Flüssigkeit bildet.

Zur Diagnostik wird zunächst eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Im Röntgenbild des Thorax zeigt sich typischerweise eine Verschattung in den Lungenunterfeldern bei größerem Erguss. Noch empfindlicher ist die Ultraschall-Untersuchung des Thorax, mit der bereits kleinere Flüssigkeitsmengen erkannt werden können. Der Ultraschall hilft auch dabei, eine sichere Punktion durchzuführen. Thorax-CT (Computertomografie) und in speziellen Fällen PET-CT können weitere Hinweise auf Tumorbefall der Pleura liefern.

Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Pleurapunktion (Thorakozentese): Unter örtlicher Betäubung wird eine Nadel in den Pleuraspalt eingeführt, um Flüssigkeit zu entnehmen. Diese wird im Labor auf Zeichen von Entzündung, Eiweißgehalt und Tumorzellen (Zytologie) untersucht. Bei ungefähr 60–75 % der malignen Ergüsse gelingt es bereits durch die Punktion, Krebszellen im Erguss nachzuweisen. Reicht die Punktion allein nicht aus (z. B. wenn die Zytologie keinen eindeutigen Befund erbringt), kann eine Pleura-Biopsie notwendig sein – entweder mit einer speziellen Nadel durch die Brustwand oder mittels Thorakoskopie.

Bedeutung der Thorakoskopie (Pleuroskopie) zur Diagnosesicherung

Die Thorakoskopie ist eine Spiegelung der Brusthöhle: Über einen kleinen Schnitt wird ein dünnes endoskopisches Instrument (Video-Thorakoskop) unter Sicht in den Pleuraspalt eingeführt. Dieses Verfahren erlaubt es, die Pleura direkt anzuschauen und gezielt Gewebeproben zu entnehmen. Die Thorakoskopie hat einen sehr hohen diagnostischen Ertrag, insbesondere bei malignem Pleuraerguss. Studien zeigen, dass die diagnostische Treffsicherheit eines thorakoskopischen Pleura-Biopsats deutlich über 90 % liegen kann. Zum Vergleich: Eine “blinde” Pleura-Biopsie oder alleinige Punktion bleibt häufiger ohne Ergebnis. Daher empfehlen medizinische Leitlinien bei unklarer Ursache eines einseitigen Pleuraergusses die Thorakoskopie, sofern keine Kontraindikationen bestehen.

Ein weiterer Vorteil der Thorakoskopie: Falls bereits während des Eingriffs erkennbar ist, dass ein maligner Erguss vorliegt, kann therapeutisch direkt etwas unternommen werden – zum Beispiel eine vollständige Drainage der Flüssigkeit und gegebenenfalls eine Pleurodese (Verklebung, siehe unten). Moderne Thorakoskopie-Verfahren kommen sogar mit einem einzigen Zugang (“uniportale” Thorakoskopie) aus. Diese können zunehmend auch in lokaler Betäubung und Sedierung, also ohne Vollnarkose und ohne Intubation, durchgeführt werden. Erste Untersuchungen zeigen, dass diese “awake VATS”-Technik (Video-Assistierte Thorakoskopie am wachen, spontan atmenden Patienten) bei erfahrenen Operateuren ähnlich erfolgreich und sicher ist wie die konventionelle Thorakoskopie unter Vollnarkose. Für Patienten mit hohem Narkoserisiko stellt dies eine schonende Alternative dar.

Molekulare Diagnostik und prädiktive Marker in der Pleuraonkologie

In der modernen Onkologie werden Tumorgewebe zunehmend auf molekulare Veränderungen untersucht, um gezielte Therapien einsetzen zu können. Bei Lungenkrebspatienten mit Pleuraerguss ist es oft möglich, das in der Pleura-Flüssigkeit enthaltene Tumormaterial dafür zu nutzen. Genetische Marker wie z. B. EGFR-Mutationen oder ALK-Translokationen bei Lungenkrebs lassen sich mittlerweile zuverlässig aus im Erguss enthaltenen Tumorzellen oder sogar aus zellfreier DNA der Ergussflüssigkeit bestimmen. Damit kann häufig eine auf den individuellen Tumor zugeschnittene Therapie geplant werden, ohne dass immer eine invasive Gewebebiopsie der Lunge erforderlich ist. Auch bei Pleura-Mesotheliomen (Brustfellkrebs) und anderen Tumoren wird nach charakteristischen Biomarkern gesucht – etwa Mesothelin oder Fibulin-3 im Blut oder Pleuraerguss, die bei Mesotheliom erhöht sein können. Solche Marker können die Diagnose unterstützen und geben teilweise Hinweise auf den Verlauf, ersetzen aber nicht die histologische Sicherung durch Biopsie.

Auch für die Prognoseeinschätzung bei malignem Pleuraerguss gibt es Scoring-Systeme, die klinische und labormedizinische Marker kombinieren. Ein Beispiel ist der LENT-Score, der LDH-Wert, ECOG-Status (Allgemeinzustand), Neutrophilenanteil und Tumortyp einbezieht, um die Lebenserwartung bei MPE abzuschätzen. Insgesamt fließen molekulare und klinische Marker immer stärker in die Entscheidungsfindung ein, etwa ob primär eine lokale Ergusstherapie erfolgen sollte oder vorrangig eine systemische Krebsbehandlung.

Behandlungsmöglichkeiten bei Pleuraerguss

Die Therapie richtet sich nach Ursache und Beschwerden des Pleuraergusses. Kleinere Ergüsse ohne starke Symptome können oft zunächst beobachtet und konservativ behandelt werden (z. B. Therapie der Grunderkrankung, entwässernde Medikamente bei Herzschwäche). Größere Ergüsse oder maligne Ergüsse erfordern meist eine invasive Therapie, um die Atemnot rasch zu lindern. Folgende Verfahren stehen zur Verfügung:

  • Therapeutische Pleurapunktion: Hierbei wird – ähnlich wie bei der diagnostischen Punktion – Flüssigkeit mit einer Nadel oder Kanüle abgezogen. Dies verschafft oft unmittelbar Luft und reduziert die Atemnot. Allerdings füllt sich der Erguss bei malignen Ursachen oft in Tagen bis wenigen Wochen wieder, sodass eine erneute Punktion nötig werden kann.
  • Thoraxdrainage: Bei ausgeprägten Ergussmengen wird häufig eine Drainage gelegt. Über einen kleinen Schnitt führt der Arzt einen dünnen Schlauch in den Pleuraspalt ein, der an ein Unterdruck-System angeschlossen wird. Dadurch kann kontinuierlich Flüssigkeit ablaufen. Eine Drainage bleibt oft für mehrere Tage liegen, bis die Ergussbildung nachlässt oder eine weitere Maßnahme erfolgt.
  • Pleurodese (Verklebung): Um das Wiederauftreten eines Ergusses zu verhindern, wird eine Pleurodese angestrebt. Dabei bringt man einen reizenden Stoff in den Pleuraspalt ein, der eine Entzündungsreaktion verursacht, sodass Lungen- und Rippenfell aneinander haften und der Spalt verklebt. Talkum-Pleurodese ist hierbei das bewährteste Verfahren – Talkum-Puder wird über die Drainage oder mittels Thorakoskopie eingebracht und führt in über 80–90 % der Fälle zu einer dauerhaften Verklebung. Alternativ wurden auch Medikamente wie Bleomycin oder Tetrazyklin eingesetzt, allerdings mit etwas geringerer Erfolgsrate. Wichtig ist, dass die Lunge ausgedehnt werden kann (keine “trapped lung”), da sonst keine vollständige Verklebung möglich ist.
  • Video-assistierte Thorakoskopische Chirurgie (VATS): Die oben beschriebene Thorakoskopie kann nicht nur zur Diagnostik, sondern gleichzeitig zur Therapie genutzt werden. Im Rahmen eines VATS-Eingriffs kann der Erguss vollständig abgesaugt, Verwachsungen können gelöst und – falls nötig – sichtbare Tumorknoten auf der Pleura entfernt oder verkleinert werden (sogenannte Pleurektomie oder Dekortikation). Am Ende des Eingriffs wird häufig eine Talkum-Pleurodese durchgeführt und eine Drainage eingelegt. Die VATS-Technik ist minimal-invasiv und erfordert in der Regel nur 1–2 kleine Schnitte. Neue Entwicklungen wie die uniportale VATS benötigen nur einen einzigen Zugang und werden von einigen Zentren inzwischen auch ohne Vollnarkose durchgeführt (siehe oben). Dadurch kann in ausgewählten Fällen der Eingriff schonender gestaltet und die Erholungszeit verkürzt werden.
  • Indwelling Pleural Catheter (Dauerdrainage): Eine weitere etablierte Option, insbesondere bei Patienten mit kürzerer Lebenserwartung oder rezidivierenden malignen Ergüssen, ist die Anlage eines dauerhaften Pleura-Katheters. Dies ist ein dünner Schlauch, der unter die Haut tunnelt und über Wochen bis Monate verbleiben kann. Er kann vom Patienten bzw. Pflegenden zu Hause regelmäßig abgelassen werden (ambulante Ergussdrainage). Studien – wie die großen MIST- und AMPLE-Studien – haben gezeigt, dass solch ein Pleurakatheter vergleichbare Symptomlinderung bietet wie die Talkum-Pleurodese. Ein Vorteil ist, dass keine stationären Wiederaufnahmen für erneute Punktionen nötig sind. Mitunter kommt es bei längerem Verweilen des Katheters sogar spontan zur Verklebung (Pleurodese) durch die permanente Ableitung. Die aktuelle britische Leitlinie 2023 empfiehlt einen solchen IPC (intercostal pleural catheter) mittlerweile als gleichwertige Erstlinien-Option neben der klassischen Pleurodese. Welche Methode gewählt wird, hängt stark von den individuellen Umständen, der voraussichtlichen Prognose und den Wünschen des Patienten ab.

Ambulante und moderne Therapieansätze

Die Behandlung des malignen Pleuraergusses hat sich in den letzten Jahren immer mehr in Richtung schonende, ambulante Verfahren entwickelt. Wo früher oft längere Krankenhausaufenthalte für wiederholte Drainagen oder chirurgische Eingriffe notwendig waren, ermöglichen heute Pleurakatheter und “awake” Thorakoskopie-Techniken eine Betreuung teilweise im ambulanten Bereich. Bei ausgewählten Patienten kann z. B. eine Thorakoskopie in Lokalanästhesie erfolgen und der Patient verlässt nach kurzer Überwachung am selben Tag die Klinik. Tunneleingänge für Dauerdrainagen werden in lokaler Betäubung gelegt und anschließend im Rahmen der Palliativversorgung zu Hause weiter betreut. Wichtig ist dabei eine enge Absprache zwischen Lungenfachärzten, Thoraxchirurgen und ambulanten Pflegediensten, um Symptome jederzeit gut zu kontrollieren.

Dennoch bleibt die entscheidende Rolle der systemischen Krebstherapie bestehen: Ein maligner Erguss ist Ausdruck der Tumorerkrankung, daher zielt eine Chemotherapie, Immuntherapie oder zielgerichtete Therapie (wie z. B. gegen EGFR-, ALK-Mutationen) darauf ab, auch die Ergussbildung zu verringern. Bei einigen Tumorarten kann unter wirksamer systemischer Therapie der Erguss für längere Zeit ausbleiben oder kleiner werden. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass lokale Maßnahmen am Erguss fast immer nötig sind, um rasch Luft zu verschaffen und die Lebensqualität zu verbessern. Die moderne Pleuraonkologie verfolgt daher einen individuellen Ansatz: Je nach Prognose des Patienten und Erweiterbarkeit der Lunge (radiologisch beurteilbar) wird ein maßgeschneiderter Plan erstellt – sei es zunächst eine Pleurodese, ein Dauerdrain, oder primär die Tumortherapie, begleitet von symptomatischen Ergusspunktionen.

Fazit

Pleuraergüsse – insbesondere maligne Pleuraergüsse – stellen Patienten und Ärzte vor Herausforderungen. Dank fortschrittlicher Diagnoseverfahren wie der Thorakoskopie und modernen Therapiekonzepte (Talkum-Pleurodese, Dauerdrainagen, minimalinvasive VATS auch ohne Intubation) kann heute meist effektiv geholfen werden. Das vorrangige Ziel ist die Linderung der Atemnot und Verbesserung der Lebensqualität. Gleichzeitig erlaubt die molekulare Diagnostik am Erguss, die zugrundeliegende Tumorerkrankung immer gezielter zu behandeln. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Onkologie, Pneumologie und Thoraxchirurgie ist dabei entscheidend, um für jeden Patienten die optimale Kombination aus lokaler Ergusskontrolle und systemischer Therapie zu finden.

Quellen

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